Eine Stunde für Solidarität, Frieden und Nachhaltigkeit Hallo an alle,

es ist das erste Mal, dass ich nicht aus einem Impuls schreibe, sondern viele Gedanken in meinem Kopf schwirren. Es ist das erste Mal, dass es schwer ist, die Gedanken in einen guten Rahmen zu bekommen. Ich habe schon zwei Ansätze versucht, aber es passiert aktuell zu viel auf der Welt, und es kommt immer neuer Input. Auch versuche ich, nicht zu polemisch oder utopisch zu werden, sondern immer wieder zurück zu den Fakten zu kommen und diese in den Text mit einfließen zu lassen. Aber das Konzept des Kanals ist ja, dass es nicht die fertige Doktorarbeit sein muss, sondern man sich Stück für Stück an Themen herantastet und euch dabei auf dieser Reise mitnimmt.

Wo bleibt die Demokratie?

Mich mit dem Begriff „Demokratie“ auseinanderzusetzen, möchte ich nicht leichtfertig tun. Es ist schwerer, als ich gedacht habe. Ich habe schon ein paar Mal versucht, das Thema zu zu erörtern und bin jedes Mal an der Fülle und an der Zeit, die ich dem Thema widmen wollte, gescheitert. Und auch diesmal tue ich mich schwer. Denn ein Begriff wie Demokratie muss in einen Kontext gesetzt werden. Nehmen wir die griechische Übersetzung: „Volksherrschaft“.¹ Wir haben also ein Volk und jemanden, der herrscht. Aber wer herrscht? Das Volk? Und wer wird beherrscht? Geherrscht haben da wohl die Bürger oder besser gesagt „Vollbürger“² im alten Athen, also in der Polisdemokratie, wobei die betreffende „Polis“³ hier nur der Stadtstaat Athen war. Aber wer waren die Bürger? Von 200.000 Einwohnern Athens waren nur 30.000 Menschen Bürger. Der Rest waren Frauen, Sklaven und „Metöken“⁴, also Angehörige einer anderen Polis, die dauerhaft in Athen lebten. 30.000 Menschen, die herrschen dürfen, sind schon eine beachtliche Zahl im Vergleich zu einem König, Kaiser oder Autokraten, trotzdem durften auch hier 170.000 Menschen nicht herrschen oder sich an der Regierung beteiligen. Wie hat sich das im Laufe der Zeit gewandelt oder überhaupt die Demokratie seit 322 v. Chr., als die Zeit der Demokratie in Athen endete? Welche Formen von Demokratie gibt es? Welche Völker oder heute Staaten besitzen eine Demokratie und wie ist sie jeweils ausgestaltet? Wenn wir bei Demokratie von einer Volksherrschaft sprechen, welche anderen Formen von Herrschaft gibt es und warum gibt es überhaupt das Konzept der Herrschaft? (Die Frage, warum es nicht „Frauschaft“ oder „Damenschaft“ heißt, kann ich mir gerade nicht verkneifen.)

Ein kurzer Blick auf „Eine kurze Geschichte der Menschheit“

Um all diesen Fragen auf den Grund zu gehen und irgendwie einen Zugang zu finden, habe ich mich entschieden, auf einen lieben Kollegen zu hören und mir das Buch „Eine kurze Geschichte der Menschheit“⁵ von Yuval Noah Harari endlich noch einmal vorzunehmen, das ich mittlerweile als Buch, Hörbuch und E-Book besitze. In mindestens zwei Versionen davon finden sich wilde Markierungen. Ich hatte die Hoffnung, dass ich bis nach Weihnachten durch bin, aber ruhige Feiertage mit der Familie, fast ohne politische Themen, taten jetzt doch mal gut. Immerhin habe ich nur noch 50 Seiten vor mir und habe die leise Hoffnung, diese auf der Heimfahrt von Prag fertig zu bekommen. – Das habe ich übrigens nicht geschafft. Und ja, ein Teil des Posts ist tatsächlich im Hotelbett in Prag entstanden.

Ich habe mich also dazu entschieden, beim Urschleim anzufangen oder, wenn man nach Harari geht, beim Urknall. Wie kann man die heutige Politik verstehen, wenn man nicht ein bisschen etwas über die Menschen und ihre Geschichte und ihre Eigenarten weiß? Wir werden in dieses Buch noch tiefer zu einem anderen Zeitpunkt einsteigen.

Auf zum Anfang – warum der Titel?

Aber kommen wir zurück zum Anfang, nämlich zur Überschrift dieses Artikels. Auch auf der Fahrt in die Heimat zu Weihnachten las ich im genannten Buch. Ich war zu diesem Zeitpunkt schon mit den Jägern und Sammlern umhergestreift, hatte die ersten Siedlungen, Städte und Staaten miterlebt, Imperien aufblühen und wieder vergehen sehen und war beim Ende der französischen Kolonien in Algerien angekommen.

Auf Seite 363 f. der E-Book-Version von „Eine kurze Geschichte der Menschheit“ verweist Harari auf die Auswirkungen eines weltumspannenden antikolonialen Netzwerks, das Algerien im Unabhängigkeitskrieg (1954–1962) unterstützte, und auf die Auswirkungen durch globale Medien auf diese Ereignisse – speziell auf die Auswirkungen auf die öffentliche Meinung in Frankreich. Genauso beschreibt er, dass der Vietnamkrieg (1955–1975) durch Nordvietnam auch dadurch gewonnen werden konnte, dass ein regionaler Krieg zu einem globalen Konflikt gemacht wurde.

Durch diese Beispiele, und gerade durch den beschriebenen Einfluss der französischen Bevölkerung auf den Verlauf der Unabhängigkeitskriege in Algerien, kam ich auf die Frage, inwieweit globale Aktionen heute Auswirkungen auf Kriege wie zum Beispiel in der Ukraine oder die Klimakrise haben könnten. Besonders interessiert hat mich hier nicht, was Politiker tun können, sondern was die Zivilbevölkerung in einem Zeitalter, in dem wir alle vernetzt sind, tun kann.

Aktuell leben wir in einer Welt, in der man sich machtlos fühlt, sei es wegen einer Politik, die einen nicht mehr abholt, wegen Konzernen und Superreichen, die gefühlt das Weltgeschehen in der Hand haben, oder einer drohenden Klimakrise, in die wir, so sehr sie verleugnet wird, ungebremst hineinschlittern, anstatt gemeinsam eine Lösung zu suchen. Es werden Mauern⁶ um Staaten gebaut, eine Politik der nationalen Abschottung forciert, was eine ernsthafte Bedrohung für Demokratie und liberale Werte darstellt, indem Pluralismus, Bürgerrechte und internationale Zusammenarbeit untergraben⁷ sowie polarisierende Narrative und Falschinformationen verbreitet werden⁸. Wäre jetzt nicht gerade die Zeit, solidarisch und gemeinsam Wege zu suchen, um die Katastrophe abzuwenden?

Viel mehr werden Klimakonferenzen in Ländern wie Aserbaidschan durchgeführt, die Menschenrechte nicht wirklich ernst nehmen und Greenwashing betreiben, um „sich als Teil der modernen Weltgemeinschaft zu präsentieren“⁹. Ein Wettrüsten dominiert die internationale Bühne, während Verständigung und der Gedanke, den Schwächeren zu helfen, in den Hintergrund treten. Es scheint, als solle der Weg geebnet werden, damit der Kapitalismus den Sozialstaat weiter zurückdrängt, die Reichen immer wohlhabender werden und der Rest der Gesellschaft kaum noch Möglichkeiten hat, diese Entwicklung umzukehren. Die Politik greift nicht ein, da die Sorge vor wirtschaftlicher Schwäche überwiegt. Die Folgen dieser Dynamik und ihre Auswirkungen auf die Menschen lassen sich derzeit besonders deutlich in den USA beobachten. Achtet darauf, denn es wird alles darangesetzt, dass sich ähnliche Entwicklungen auch in Europa fortsetzen.

Ein Aufruf an die Zivilgesellschaft

Gerade in solchen Zeiten ist es wichtig, etwas zu tun. Veränderung beginnt im Kleinen. Es muss nicht gleich die Weltrevolution sein, aber wie mein Kollege sagte, der mir auch den Buchtipp gab, es fängt an mit kleinen Aktionen. Wer zusammen mit dem Nachbarn einen Gemeinschaftsgarten pflegt oder zusammen Müll sammelt, wird nicht mehr nach Geschlecht, Hautfarbe oder Herkunft fragen. Gemeinsam kleine Dinge zu tun, um die Welt ein bisschen besser zu machen, könnte ein Weg sein, einigen der Krisen entgegenzuwirken, die auf uns zukommen – besonders nach den Spaltungen und dem Zwist, die während der Corona-Pandemie und durch politische Konflikte entstanden sind, und die es nun gilt, zu überwinden und die Menschen wieder zusammenzuführen.